Xiyu Tomorrow – Artist in Residence

 

Xiyu Tomorrow ist Zeichnerin und im März 2022 als Artist in Residence im Salzamt zu Gast. Für das NEXTCOMIC-Festival 2022 bespielt sie den Frisiersalon mit einer Arbeit aus ihrer Self-Publishing Reihe „12 Monate x 12 Zines“. OUT OF OFFICE handelt von Work-Life-Balance, Arbeit und Urlaub, Herkunft und Zukunft. Nebenbei recherchiert sie während ihres Aufenthalts für das NEXTCOMIC-Festival 2023 zum Thema Freundschaft, insbesondere mit Hinblick auf die Städtepartnerschaft zwischen Linz und Chengdu, die im Jahr 2023 seit 50 Jahren besteht.

 

Was inspiriert Xiyu Tomorrow?

Menschen, Berge, Pflanzen, Systeme, Zusammenhänge. Ich recherchiere während meiner Zeit in Linz zum Thema Freundschaft. Infolgedessen stieß ich auf die Linzer Torte und habe mir alte Kochbücher aus dem Stadtarchiv angeschaut. Ich finde es super interessant, dass weibliche Personen des Bürgertums vor dem 19. Jahrhundert insbesondere in der Rolle der Köch*in auftreten durften. Das literarische Werk bzw. die Sichtbarkeit als Individuum war also auf den Gebrauch, den Herd und das Heim beschränkt. Die Text-Bild Kombinationen aus dieser Zeit, mit der “reinlichen Köchin” oder der “schönen, vernaschbaren Linzerin”, die als Verzierung und Dekoration in diesen und anderen Gewerken erscheinen, tragen sich bis heute fort. Ich denke an zeitgenössische Werbung oder aktuelle Linzertorten- oder Naschereiverpackungen. Ich gucke mir solches Material an, bin hernach zumeist erschrocken, erstaunt und hoffentlich motiviert, etwas an diesen tradierten Ansichten zu ändern bzw. dem etwas entgegen zu setzen. Der gesellschaftliche Diskurs ist heute ein anderer und ich finde es wichtig, diese Auseinandersetzung auch in den ikonografischen Bereich zu tragen, andere Motive und Sujets zu entwickeln und zu platzieren, die unserer heutigen Lebensrealität hoffentlich näher kommen. Meine Haltung speist sich insbesondere aus feministischen und dekolonialen Ansätzen.

 

Welche Arbeitsbedingungen/Arbeitsumgebung braucht sie, um gut arbeiten zu können?

Ich halte es wie Virginia Woolf: Ein Zimmer für sich allein und 500 Pfund im Jahr. Inflationsbedingt sind die 500 Pfund heutzutage wohl eher 40.000 EUR. Davon abgesehen: Ruhe, Tageslicht, Pflanzengrün, Katzenmemes, Stresschips, gutes Mittagessen, Kaffee, Podcasts. Die Zeit im Salzamt kommt dem schon sehr nahe, hier zu sein, ist wie eine kleine Ruhepause inmitten des künstlerischen Alltagsgeschäfts und somit irgendwie auch produktive Oase.

 

Wie sind die Arbeiten entstanden, die sie gerade in Linz zeigt?

Die Arbeiten im Frisiersalon sind Teil meiner Self-Publishing Reihe „12 Monate x 12 Zines“. Es handelt sich um Tuschezeichnungen auf Reispapier und sie basieren auf Fotos, die ich während meines Sommerurlaubs 2021 gemacht habe. Der Text ist ein Essay, der im Nachgang entstand. Dazu gibt es eine Publikation im Risografie-Verfahren, gedruckt vom Hamburger Kollektiv RISOFORT.

 

Welche Pläne hat sie noch für 2022?

Bis in den September ist mein Kalender mit Projekten durchgetaktet: Ikonografie der Trauer, ein Ausstellungsprojekt am Hamburger Friedhof zu neuen Formen des Trauerns im Juni, 12 Monate x 12 Zines plus Abschlussausstellung im August, eine Residenz in New York im September. Ich hoffe, ich mache Urlaub von Oktober bis Dezember.