Tabea Borchardt – Artist in Residence
In meiner künstlerischen Praxis befasse ich mich mit Wahrnehmungsphänomenen, Spuren und Materialitäten sowie der Endlichkeit der Dinge. Meine Ausgangspunkte liegen in einer vielschichtigen Auseinandersetzung mit der Veränderung fotografischer Abbildungen, Zeigeformen und Bewahrungspraktiken sowie in Fragestellungen zur Dauer der Bilder und des Abgebildeten. Als bildende Künstlerin mit einem Schwerpunkt auf dem Fotografischen, befasse ich mich vorwiegend mit Materialien aus dem Feld der Fotografie und stelle über meine Arbeiten Fragen an Sehgewohnheiten sowie visuelle Medien. Zudem befasse ich mich mit Thematiken zu Archiv, Sammlung und Speicher.
Inspiration schöpfe ich hierbei aus dem genauen Sehen und Entdecken von bereits vorhandenen Materialien. Dies können konkrete Abbildungen oder Fotografien sein, Trägermaterialien oder Archivierungssysteme. Die Untersuchung künstlerischer Strategien und Texte zu Kunst und Gesellschaftsentwicklung fließen mit ein. Besonders „verlebte“ oder „abgegriffene“ Dinge – beispielsweise historische Fotografien – wecken mein Interesse, da die Spuren des Gebrauches eine andersartige Auseinandersetzung ermöglichen als beispielsweise das Display eines Smartphones, dessen Oberfläche nicht kohärent sein muss mit dem was darunter zu sehen ist.
Die Zeit im Salzamt habe ich dafür genutzt meine vermittelnde Tätigkeit als Künstlerin zu fokussieren und neue Konzepte zu entwickeln. Neben Recherche und Konzeption konnte ich die Planung meines ersten Werkkataloges umsetzen und eine Produktion auf den Weg bringen. Zudem ist während meines Aufenthaltes in Linz eine neue Arbeit, zugehörig zum Werkkomplex „Altered Narratives“, entstanden.
Diese Arbeit setzt sich mit der Begrifflichkeit der „visuellen Haptik“ auseinander und konfrontiert verschiedene Zeitebenen mittels einer (Selbst-)Reflektion in einer zeitüberschreitenden Medienbegegnung. Der Werkkomplex ist titelgebend geworden für die aktuelle Bespielung des Leerstandes „frisiersalon“ in der Pfarrgasse 15, welche ich ebenfalls vor Ort realisiert habe.
Ausformungen meiner Arbeiten variieren von raumgreifenden, installativen Objekten, bis hin zu eher klassischeren Abbildungen im 2-dimensionalen Format, sprich Fotografien. Die neu entwickelte Arbeit stellt eine Schnittstelle zwischen Objekt und Wandarbeit her, und greift wie viele meiner Arbeiten die Begrifflichkeit der „Oberfläche“ und Perspektive der Betrachtung wieder auf.
Im Spiel zwischen Found Footage (Fotografien erstanden auf dem Linzer Flohmarkt und durch Kontakte vor Ort) und dem finden einer möglichst adäquaten Zeigeweise, ohne den Display zu sehr zum Display werden zu lassen, war es eine Herausforderung Materialien und Herangehensweisen aus meinem allgemeinen Werkprozess unauffällig aufzugreifen, ohne der Arbeit etwas zu gewolltes hinzuzufügen. Hier galt es, historische Fotografien zu finden, die Einschreibungen auf der Vorder- sowie Rückseite aufweisen, welche zur weiteren Auseinandersetzung einladen.
Der schwierigste Teil der entstandenen Arbeit war der Prozess der Dokumentation. Diese Arbeit verschließt sich absichtsvoll der Reproduktion durch ein erneutes, fotografisches Aufnehmen als Bild.
Neben dem Arbeiten im Atelier habe ich unter anderem die Möglichkeit genutzt einen Blick hinter die Kulissen im Valie Export Center (https://www.valieexportcenter.at/) zu erhaschen und an einer Führung teilgenommen um meine Beschäftigung mit der Thematik „Vorlass/Nachlass“ zu vertiefen. Die Recherche zu Ordnungssystemen führte mich in den Botanischen Garten und Christina Schmid (OÖ Landes-Kultur-GmbH) gab mir einen Einblick in die Aufarbeitung und Forschung zu historischen Carte-de-Visite-Portraits aus dem Linzer Raum und Umland.
Der Aufenthalt im Salzamt war eine willkommene Abwechslung in anderer Umgebung für ein fokussiertes Schauen auf die eigene, künstlerische Praxis und Vermittlungsarbeit und hat zudem auch mit dem Austausch der weiteren Gastkünstler*innen und lokalen Kunstschaffenden sowie weiteren Akteur*innen die eigene Arbeit vertieft und bereichert.
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