Rowena Harris
Kürzlich besuchte ich die derzeit im Salzamt weilende englische Künstlerin Rowena Harris in ihrem Atelier, um hier über ihre Arbeit berichten zu können. Rowenas Arbeit ist nicht leicht zugänglich – kein David und keine Sonnenblumen. Grob gesagt befasst sich die in London lebende Künstlerin mit neuen Konzepten der skulpturalen Darstellung. Sie will sozusagen die greifbare, körperliche Form eines Werkes in die Sprache des Internets übersetzen, und zwar nicht als simple digitale Fotografie, sondern als linguistisches Konzept. Ihre neue Art der Darstellung bezeichnet sie als “skulpturale Sprache”. Lassen wir sie selbst über ihre Herangehensweise berichten:
“In meiner aktuellen Arbeit untersuche ich Materialität und Immaterialität, Material und Zirkulation mittels einer zugrundeliegenden skulpturalen Methode. Das Internet oder genauer, der Zustand des Post-Internets bildet den Mittelpunkt meiner gegenwärtigen Recherche. Vor allem interessiert mich die „Sprache“, vermittels welcher die Online-Form einer Skulptur mit deren dinghaften Körperlichkeit verbunden werden kann. Ich bin gerade dabei, eine neue skulpturale Sprache zur Online-Präsentation zu entwickeln, welche den Betrachter animieren soll, sich seines Körpers vor dem Bildschirm bewusst zu werden und den Bildschirm als Medium zu benutzen.
Im Klima einer ausufernden Überflutung an Bildern im Internet bringt mich die Tatsache, dass das Bild einer Arbeit öfter online gesehen wird als in der Realität, dazu, das Internet und sein System der Verbreitung als vitalen Teil der tatsächlichen skulpturalen Form aufzufassen. Ich verwende materielle und immaterielle Formen dazu, Arbeiten zu schaffen, welche die verschiedenen Bereiche – Körperlichkeit und Internet – vereinen sollen.
In meinen greifbaren skulpturalen Arbeiten verwende ich bewusst materielle Gesten und erzeuge damit eine sinnliche und physische Erfahrung. Ich verwende zum Beispiel Materialien wie Standard-Druckerpapier, welche eine Brücke bilden zwischen der digitalen und der physikalischen Welt. So entsteht eine linguistische, visuelle und sinnliche Metapher.
Die Online-Entsprechung einer Skulptur kann verschiedene Formen annehmen, verwendet aber immer Standard-Internet-Anwendungen wie E-Book, PDF oder eine Website.”
Rowena ist auch als Herausgeberin und Art Director des halbjährlich erscheinenden Kunst-Magazins “Misery Connoisseur” (etwa “Genießer des Elends”) tätig. Hier finden Sie ihre Website sowie ihr E-Book.
Fotos: Viktor Köpruner