Evgenija Wassilew – Artist in Residence

 

Ich bin in Hamburg in einer deutsch-französischen Familie geboren und studierte Bildende Kunst an der École des Beaux-Arts de Paris. Im Anschluss an das Studium kam ich durch ein DAAD Stipendium 2008 nach Berlin, wo ich seither lebe und arbeite.

In meiner Arbeit kombiniere ich verschiedene Medien – Notation, Klang, Performance und Skulptur und fokussiere den Prozess. Mein Interesse für Klang hat ihren Ursprung in meiner Auseinandersetzung mit Stimme und Sprache, ihrer Körperlichkeit und ihren komplexen Bezügen zur menschlichen Psyche. Ich habe mich auch mit der Bioakustik und den Grenzen des Hörens beschäftigt, sowie Naturelemente in Klangaufnahmen eingebunden oder literarische und musikalische Werke in Arbeiten einfließen lassen.

Eine meiner ersten Performances in Zusammenhang mit Stimme und Schrift fand 2009 in einer Bungee-Kugel statt. Während ich in den Himmel katapultiert wurde, zitierte ich wiederholt einen Vierzeiler aus dem Leben des Galilei von Bertolt Brecht. Ich habe laut lesend versucht, dem Kontrollverlust meiner Stimme entgegenzuwirken. In vielen meiner Arbeiten spielt Einwirkung und Widerstand, Harmonie und Dissonanz eine Rolle und spiegelt sich in Klang und Schrift.

In den Aufzeichnungen der Serie Radio höre ich den Nachrichtenfunk und notiere zeitgleich meine Wahrnehmung in Form von auschlagenden Linien auf Papier. Die von einem kleinen Motor angetriebene, rotierende Stiftmine zittert, schlägt gegen ein Lineal und wird von Hand geführt. Auf diese Weise werden Druck, Geschwindigkeit und minimale Impulse aus meiner Hand grafisch verstärkt. Der Stift wird zum Seismographen der Empfindung. Als Fläche erscheint die Zeichnung wie ein Gewebe aus winzigen Schallereignissen, die sich im Detail wie ein Oszillogramm entziffern lassen.

Hier im Salzamt arbeite ich an einem grösseren Format der Radiozeichnungen, um meine Zeit hier auf dem Papier zu speichern und als Spur der Ereignisse festzuhalten. Parallel hierzu arbeite ich an einem Objekt, welches durch ähnliche Fragestellungen bewegt wird: mit dem Musiker und Instrumentenbauer Guido Henneböhl habe ich in den letzten Monaten ein Audioinstrument entwickelt, das akustische Schwingungen der Stimme in Schwingungen eines Miniaturmotors übersetzt – so kann ich gesprochene Texte im wahrsten Sinne des Wortes als „Liveticker“ oder als „Schlagzeile“ durch ein perkussives Objekt im Raum sicht- und hörbar machen.

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